Allianz für den freien Sonntag in Niedersachsen

Urteile

Amazon will Sonntagsarbeit erzwingen

Online-Handelskonzern bringt Streit mit der Gewerkschaft Verdi vor das Bundesverwaltungsgericht

Konzern und Land NRW gehen gegen OVG-Urteil vor

22.02.2020 Sonntagsallianz - Der US-amerikanische Internet-Händler Amazon und das Land NRW wollen Arbeit an Sonntagen rechtlich erzwingen und haben gegen ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 11.12.2019 Revision eingelegt.

Umsätze an Sonntagen abarbeiten?

Im Dezember 2015 wollte der Konzern am Standort im nordrhein-westfälischen Rheinberg 800 Beschäftigte an zwei Sonntagen arbeiten lassen. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hatte dagegen geklagt und bekam in mehreren Instanzen Recht- zuletzt vom Oberverwaltungsgericht Münster im Dezember 2019. Begründung: Eine Ausnahmegenehmigung darf es nur dann geben, wenn ein Unternehmen durch äußere Umstände – also unverschuldet- in eine Situation gerät, in der sonntags gearbeitet werden muß. Der Konzern hatte hingegen mögliche Lieferengpässe durch gezielte Marketing- und Verkaufsförderungsmaßnahmen hervorgerufen.

Klare Aussage des OVG Münster!

„Eine solche Ausnahme komme nach dem Arbeitszeitgesetz nur in Betracht, wenn besondere Verhältnisse diese zur Verhütung eines unverhältnismäßigen Schadens erforderten. Unter „besonderen Verhältnissen“ seien nur solche Umstände zu verstehen, die von außen verursacht worden seien und auf die das antragstellende Unternehmen keinen Einfluss nehmen könne. Die Sondersituation durch erhöhtes Auftragsvolumen habe nach den eigenen Angaben des beigeladenen Unternehmens zumindest auch maßgeblich auf dem Geschäftsmodell des die Webseite betreibenden Unternehmens beruht, dessen Handeln sich der beigeladene Logistikdienstleister zurechnen lassen müsse. Nach diesem Geschäftsmodell seien den Kunden kürzeste Lieferfristen selbst in der Vorweihnachtszeit zugesagt worden. Zwar habe das Logistikunternehmen sein Personal für das Weihnachtsgeschäft 2015 vorübergehend deutlich aufgestockt. Es sei aber nicht ersichtlich, dass auf der Amazon-Webseite darauf hingewiesen worden sei, nur bei möglichst frühzeitiger Bestellung könne eine Lieferung vor Weihnachten garantiert werden, obwohl sich dies angesichts der prognostizierten Lieferengpässe aufgedrängt hätte. Das Logistikunternehmen und der Webseitenbetreiber hätten somit nicht die bei dieser Sachlage gebotenen und auch zumutbaren Maßnahmen getroffen, um Kunden zu einem frühzeitigen Bestellverhalten anzuhalten und hierdurch auf eine gleichmäßigere Verteilung des Auftragsvolumens hinzuwirken. Stattdessen sei kurz vor der Adventszeit 2015 neben den bestehenden Express-Lieferungen eine Belieferung noch am Tag der Bestellung („Same Day“) eingeführt worden. Dadurch habe der Webseitenbetreiber absehbar dazu beigetragen, dass sich die Lieferengpässe noch verstärkten.“

Verdi erwartet Grundsatzurteil mit Signalwirkung

„Die Richter haben deutlich gemacht, dass auch große finanzstarke Konzerne nicht einfach unsere Gesetze umgehen können“, so Orhan Akman, in der Verdi-Bundesverwaltung für den Bereich Einzel- und Versandhandel zuständig.

In ihrem Urteil resümieren die Richter zudem, es bestehe „die hinreichende Gefahr“, dass Amazon auch künftig in der Vorweihnachtszeit Anträge auf Sonntagsarbeit stellen werde. Amazon und die nordrhein-westfälische Landesregierung wollen das OVG-Urteil allerdings nicht akzeptieren. Nun wird sich das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig mit der Sache befassen.

Zum Urteil

Schlappe für NRW-Landesregierung

Sonntagsallianz 27.04.2018 - Das NRW-Oberverwaltungsgericht in Münster hat einen Sonntagsverkauf in Kreuztal nach dem neuen, von der CDU/FDP-Koalition beschlossenen  Ladenöffnungsgesetz untersagt. Das Gericht hatte heute einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes Arnsberg bestätigt, das einem Eilantrag der Gewerkschaft Verdi gegen die Sonntagsöffnung recht gegeben hatte.

Kreuztal hatte die sonntägliche Ladenöffnung auf Grundlage der Gesetzesreform ("Entfesselungsgesetz") genehmigt.
Laut OVG bedarf es eines "verfassungsrechtlich tragfähigen
Sachgrundes", der die Sonntagsöffnung rechtfertigt. Für eine
ausnahmsweise Ladenöffnung seien gewichtige und im Einzelfall festzustellende Interessen erforderlich. Die pauschale Aussage, die beabsichtigte Ladenöffnung diene den im Gesetz beispielhaft aufgeführten Zielen wie Erhöhung der Attraktivität von Innenstädten, ist laut dem vierten Senat des Oberverwaltungsgerichtes unzureichend. Insbesondere seien die im Ladenöffnungsgesetz definierten öffentlichen Interessen in ihrer Zielrichtung sehr weit gefasst und insoweit nicht geeignet, einen für die Öffentlichkeit erkennbaren Ausnahmecharakter der Ladenöffnung zu begründen. Für einen Sonntagsverkauf müsse es sich um Belange handeln, die über das bloße Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber und das alltägliche Erwerbsinteresse möglicher Käufer hinausgingen.

Die Pressemitteilung mit dem ausführlichen Urteil des OVG Münster finden Sie hier